Da wir bemüht sind unsere Seiten, genauso wie unser eigenes Tun, und unsere Übung zu vervollständigen, wollen wir auf dieser Seite einige grundsätzliche Dinge zu diesem ebenfalls wichtigen Bestandteil des Budo erklären.
Denn hier ist es wie mit allem Anderen auch, wenn man nur theoretische Kenntnisse von etwas hat ohne das Ganze je auch Praktisch geübt zu haben, bleibt es leider nur bloße Theorie. Und man kann eben nicht feststellen wie gut die eigene Schnitt-Technik, sowie die dazugehörende Körperbalance in Bewegung mit Katana und das zentrierte Arbeiten sowie die komplette Körperhaltung und Spannung ist, wenn man das Ganze nur mit Luft übt, wie z.B. beim Iaido. Beim Iaido lernt man natürlich viel über Techniken des Schneidens, des Ziehens und Zurücksteckens, sowie verschiedensten, möglichen Formen des Blutabschlagens von der Klinge, aber alles passiert nur mit Luft ohne Widerstand. Das fehlende Element ist hier eben der tatsächliche Widerstand einer festen Struktur die es real zu schneiden gilt. Und somit ist Tameshigiri ein unabdingbarer und wichtiger Bestandteil, dieses ganze Puzzle wieder in geeigneter Art und Weise zusammen zu fügen. Um sich Dessen auch tatsächlich zu vergewissern und sich so dann auch darin verbessern zu können. Natürlich muss man auch hier Differenzieren, denn in Zeiten der Samurai war es nicht immer notwendig immer etwas vollständig abzutrennen um einen Gegner zu besiegen, kampfunfähig zu machen oder eben zu töten, dazu reichten auch einfach präzise Schnitte an der entsprechenden Stelle und dadurch ist natürlich bei diesen verschiedenen Funktionsweisen auch die Haltung und Körperarbeit jeweils eine völlig Andere. Außerdem benötigt ein Abtrennen wesentlich mehr Energie aus dem Rumpf, wodurch dann durch eine weitere Drehung als Üblich eine zu große Körperöffnung entstünde die ein potenzieller Angreifer sofort ausnutzen würde, weil man dabei seine Körperlinie nicht entsprechend mit der eigenen Waffe schützen könnte. Man muss das also an dieser Stelle auch nicht überbewerten. Trotzdem ist es ein wichtiger Punkt für das allgemeine Ganze.
Geschichte
Nachdem Fürst Tokugawa Ieyasu um das Jahr 1600 n.Chr. die bis dahin wohl als größte auf japanischem Boden je stattgefundene finale Schlacht in Sekigahara siegreich für sich entscheiden konnte, ließ er sich daraufhin im Jahr 1603 vom Tennō (dem japanischen Kaiser) den Titel Shōgun verleihen und wurde damit zum unangefochtenen militärischen Alleinherrscher über ganz Japan. Dadurch wurde auch Japan befriedet, nachdem es zuvor Jahrhunderte in andauernde Fehden und Bürger- bzw. Clankriege der Fürsten (Daimyo) und ihrer Ländereien verwickelt war. Man spricht also ab 1603 von der Edo-Zeit (17. Jahrhundert). Einer Zeit in der es kaum noch kriegerische Auseinandersetzungen gab. Die Zeit davor wird als Muromachi-Zeit (jap. 室町時代, Muromachi jidai; etwa 1336–1573) oder auch als Ashikaga-Zeit bezeichnet. Die Zeit der streitenden Reiche. In dieser Zeit gab es mehr Tod, Leid und Zerstörung als Tage des Friedens.
Und zu dieser Zeit – also z.B. im 14. u. 15. Jahrhundert - war es üblich, dass hochrangige Schwertschmiede-Meister ihre Katana Klingen an nur die Erfahrensten der Samurai übergaben um diese zu testen, bevor sie dann dem Daimyo (Fürsten) bzw. dessen Vasallen der sie in Auftrag gegeben hatte, übergeben wurden. So dass die Fertigkeiten des Samurai bei der Bestimmung wie gut die Klinge schnitt keine Rolle spielten, diese also nicht fraglich waren. Und so war sichergestellt, dass einzig und allein die Qualität der Klinge das Ergebnis war. Ausgenommen von diesen Schnitt-Tests waren nur besondere und dadurch auch besonders wertvolle Katana, die beispielsweise für Samurai Fürsten selbst und hochrangige Mitglieder ihres Hofstaates angefertigt wurden. Da jeder Schnitttest natürlich Risiken birgt und Klinge incl. Politur beschädigen könnte.
Für diese Schnitt-Tests wurden ursprünglich Leichen verwendet (z.B. aus unzähligen Schlachten der Muromachi-Zeit; hier waren auch genügend Leichen quasi im Überfluß vorhanden), aber auch lebende, zum Tode verurteilte Verbrecher wurden so hingerichtet. Und so gewissermaßen noch einem sachdienlichen Zweck zugeführt um die Qualität der Klinge vor Übergabe an den Eigentümer definitiv festzustellen. Denn war das entsprechende Katana für hochrangige Mitglieder der Gesellschaft, also z.B. Samurai Fürsten, so wurde in dieser Zeit seitens der Schwertschmiede-Meister auch hier nichts dem Zufall überlassen. Hierfür wurden oft auch bis zu drei Körper gleichzeitig verwendet. Der durchgeführte Schnitttest wurde danach vom Schmied auf der Schwertangel (Nakago) eingraviert. Solche Gravuren findet man z.B. oft auf historischen Klingen des berühmten Schwertschmieds Kotetsu (長曽祢虎徹 Nagasone Kotetsu * 1600 bis † 1673). Sie heißen Tameshi-mei (試し銘) (auch Saidan-mei (裁断銘), Schnittsignatur), sind zusätzlich zum Siegel des Schmieds auf der Angel zu finden und besagen in etwa: z.B. 15. Mai 1653, Name des Schwerttesters, zwei Körper geschnitten und oftmals auch noch eine Angabe welcher Schnitt oder welche Schnitte genau durchgeführt wurden.
Tameshigiri an einem verurteilten Verbrecher (Illustration aus einem Buch von 1927)
Zu differenzieren sind hier auch die üblicherweise an Leichen und gelegentlich auch bei verurteilten Kriminellen verwendeten Schnitte von Tabi-Gata (Knöchelschnitt) bis O-Kesa (diagonaler Schnitt von der Schulter zur gegenüberliegenden Hüfte). Abgesehen von diesen bestimmten Schnitten an Leichen gab es die normalen Schnitte der japanischen Schwertkunst, d.h. diagonal nach unten gerichtetes Kesa-giri (袈裟斬り), diagonal nach oben (Kiri-age (切り上げ) oder Gyaku-kesa (逆袈裟)), horizontal (Yoko (横) oder Tsuihei) und gerade nach unten (Jōdan-giri (上段斬り), Happonme (八本目), Makkō-giri (真向斬り), Shinchoku-giri (真直切り) oder Dotan-giri (土壇切り) ) an praktizierten Test-Schnitten.
Heute
Heute verwendet man für Schnitt-Tests speziell gerollte Reisstroh-Matten ( Tatami-Omote ) aus Igusa Gras ( = Flatter-Binse / lat. Juncus effusus ). Diese wässert man dann ca. einen Tag um sie zum quellen zu bringen und lässt sie dann ca. einen halben Tag lang vor dem Tameshigiri entsprechend trocknen. Mit einem scharfen Katana ( Shin-Ken ) übt man anschließend verschiedenste, mögliche Schnitte und Schnittkombinationen mit einem oder auch mehreren Zielen ( z.B. Tatami-Omote ), später auch 5 und bis zu 7 gleichzeitig (siehe Video oben). Diese werden beidhändig ausgeführt, da das Katana im Normalfall beide Hände für eine korrekte „Arbeit“ benötigt, ab und zu auch einhändig. Alternativ verwendet man auch grünen Bambus mit Durchmessern zwischen ca. 5 – 12 cm.
Je mehr man über die Durchführung solcher Schnitt-Tests übt, kann man dadurch nachhaltig die Klingenführung, das Gefühl für das Schwert und die eigene Körperhaltung verbessern.
Um beim Üben ein Verkanten der Klinge beim Schneiden zu vermeiden muss man darauf achten dass die eigene Zentrumsausrichtung und der Klingenwinkel mit dem Schnittwinkel übereinstimmt. Bei groben Fehlern kann im schlimmsten Fall die Klinge verbiegen oder sogar brechen, was aber eher selten vorkommt.
Über die Schnittfläche erkennt man schnell wie gut oder weniger gut die Schnitttechnik der Ausführenden sowie die Qualität der Klinge ist.
In unserer heutigen Zeit liegt der Focus des Tameshigiri nicht mehr darauf, die Qualität der Klinge zu testen sondern mehr darauf die Fähigkeiten des Ausführenden zu überprüfen und zu verbessern. Daher sind die für das Tameshigiri verwendeten Katana eher kostengünstig bzw. im Rahmen. Antike und dadurch auch sehr wertvolle Schwerter, womöglich auch noch aus Tamahagane (jap. 玉鋼) würde man dazu nicht verwenden.
Um beispielsweise in der Lage zu sein, mehrmals hintereinander auf ein Ziel zu schneiden oder mehrere Ziele während der eigenen Bewegung zu schneiden, muss man ein sehr erfahrener Schwertkämpfer sein.
Ziele werden heute typischerweise aus Goza hergestellt, der obersten Schicht des traditionellen Tatami-Bodenbelags, entweder gebündelt oder zu einer zylindrischen Form gerollt. Sie werden in Wasser eingeweicht, um dem Material mehr Dichte zu verleihen. Und um so die Dichte und Struktur von Fleisch und Sehnen zu imitieren für den Schnitt-Test. Grüner Bambus wird in diesem Zuge verwendet, um die Struktur bzw. den Widerstand von Knochen bestmöglich nachzubilden.
Sobald das Goza-Ziel in dieser zylindrischen Form ist, hat es ein vertikales Maserungsmuster, wenn es vertikal auf einem Tameshigiri-Ständer steht, oder horizontal, wenn es auf einem horizontalen Tameshigiri-Ständer (Dotton oder Dodan) platziert wird. Diese Faserrichtung beeinflusst die Schwierigkeit des Schnitts.
Dabei liegt der Schwierigkeitsgrad von Schnittübungen in der Kombination folgender, verschiedener Gegebenheiten: - der Härte des Zielmaterials (z.B. Tatami-Omote (Reisstrohrolle), grünem Bambus, wassergefüllten Tetra-Packs, etc.), - der Faserrichtung oder Grobheit des Schnittmaterials (falls vorhanden), - dem Winkel in dem das Schwert geschwungen wird (太刀筋; tachisuji) und dem Winkel der Klinge beim Aufprall auf das Ziel (刃筋; hasuji).
Beim Schneiden eines senkrecht stehenden Reisstrohziels (Tatami-Omote) ist der einfachste Schnitt diagonal nach unten. Dies liegt an einer Kombination aus dem Auftreffwinkel des Schnitts gegen das Korn (ungefähr 30-50 Grad von der Oberfläche), dem nach unten gerichteten diagonalen Winkel des Schwungs und der Fähigkeit, viele der Hauptmuskelgruppen zu verwenden und gleichzeitig noch dabei den Körper zu drehen, um beim Schneiden zu helfen.
Der nächste Schwierigkeitsgrad wäre ein diagonaler Aufwärts-Schnitt (also nach oben), der den gleichen Winkel hat, aber dabei natürlich gegen die Schwerkraft arbeitet und etwas andere Muskeln und Rotationen verwendet.
Der dritte Schwierigkeitsgrad ist hierbei der gerade Abwärtsschnitt, nicht in Bezug auf die Maserung, sondern in Bezug auf die beteiligten Muskelgruppen.
Der schwierigste Schnitt dieser vier Grundschnitte ist sicherlich die horizontale Schneid-Richtung (gegen ein vertikal stehendes Ziel/ Reisstrohrolle), die direkt senkrecht zur Körnung des Ziels auftrifft.
Tameshigiri hat sich in vielen Schwertkampfkünsten zu einer Übung entwickelt, um die Fertigkeit mit dem Schwert auf realistische Weise zu trainieren.
Das Schmieden hochwertiger traditioneller japanischer Schwerter aus Grundmaterialien war kein einfacher Prozess. Während des feudalen Japans investierten Klingenschmiede oft mehr als zwei Wochen ihrer Zeit und Energie, um eine einzige Katanaklinge herzustellen. In einigen Fällen verbrachten Klingenschmiede Monate damit, ein Katana zu schmieden. Natürlich war dies nicht auf Katana beschränkt. Japanische Klingenschmiede investierten die gleiche Zeit und Energie in das Schmieden anderer Schwerter, einschließlich Wakizashi, Tanto, Tachi und mehr. Beim Schmieden eines neuen Schwertes würden japanische Klingenschmiede jedoch darauf abzielen, die vier folgenden Eigenschaften zu erreichen, die alle ein hochwertiges Schwert kennzeichnen :
1) Stärke
Hochwertige traditionelle japanische Schwerter waren unglaublich stark und in der Lage, erheblichem Druck standzuhalten, ohne zu brechen, zu reißen oder anderweitig Schaden zu erleiden. Vor Japans Feudalzeit stellten Klingenschmiede in der Region Schwerter aus Bronze her. Sie gossen geschmolzene Bronze in Gussformen, und nachdem das Metall abgekühlt war, entfernten sie die klingenförmige Bronzeform, um sie in einem Schwert zu verwenden. Bronzeschwerter wie diese waren jedoch nicht besonders stark, so dass die Klingenschmiede schließlich zur Verwendung von Eisen und Stahl übergingen, was ein überlegenes Maß an Stärke ermöglichte.
2) Flexibilität
Klingenschmiede im feudalen Japan schmiedeten auch Schwerter mit Betonung auf Flexibilität. Sie erkannten, dass Schwerter in der Lage sein müssen, sich unter Druck zu biegen. Andernfalls würden sie brechen und müssten repariert werden. Um diese Herausforderung zu meistern, verwendeten japanische Klingenschmiede eine unterschiedliche Wärmebehandlung, um hochwertige Schwerter herzustellen. Bei der unterschiedlichen Wärmebehandlung wird eine dicke Schicht Tonschlamm auf den Schwertrücken aufgetragen, während wenig oder gar kein Tonschlamm auf die Schwertschneide aufgetragen wird. Während das Schwert noch heiß ist, löscht der Klingenschmied es dann in Wasser oder Öl, wodurch der Rücken und die Schneide unterschiedlich schnell abkühlen können, wodurch der Rücken flexibel wird und die einzigartige Klingenkrümmung eines Katana entsteht.
3) Härte
Stärke ist zwar ähnlich, aber nicht das Gleiche wie Härte, und es ist wichtig, dass Schwerter beide Eigenschaften haben. Stärke bezieht sich im Allgemeinen auf die Fähigkeit eines Objekts, Belastungen standzuhalten, während sich Härte auf die Fähigkeit eines Objekts bezieht, Verformungen zu verhindern. Wenn ein Schwert nicht hart ist, kann es sich unter Druck verformen. Es wird nicht unbedingt reißen oder brechen, obwohl es sich durch Biegen verformen kann.
4) Gleichgewicht (Balance)
Schließlich sind hochwertige Schwerter so konzipiert, dass sie ausgewogen sind. Mit anderen Worten, sie sollten weder kopflastig noch bodenlastig sein. Im feudalen Japan schmiedeten Klingenschmiede Schwerter so, dass sie richtig ausbalanciert waren, so dass Samurai sie leichter handhaben und einsetzen konnten. Wenn ein Schwert nicht ausbalanciert war, wurde es weggeworfen und dann als Material für neue Schwerter verwendet.